Jannick Lippuner

Lernender im 3. Lehrjahr - Betriebsinformatik | Roche

Interview

„Früher hatte ich das Gefühl, dass das Programmieren nur etwas für Super-Brains ist. Diese Personen mussten wohl übermenschliche Fähigkeiten haben oder überdurchschnittlich intelligent sein, das ist nicht so. Viele Menschen lassen sich einschüchtern. Macht es einfach, überlegt nicht zu viel. Vor allem sollte man nicht an sich selber und seinen Fähigkeiten zweifeln“

  • Wer bist Du?

Ich bin Jannick Lippuner und seit 2020 bei der Roche als Lernender in Betriebsinformatik angestellt. Ich bin momentan im zweiten Lehrjahr. Neben der Lehre engagiere ich mich ebenfalls stark im Schullabor EXPERIO Roche: Ich eigne mir Pädagogik an, gebe anderen Kindern und Jugendlichen mein Wissen weiter und versuche andere Personen für die Technik und Informatik zu begeistern. Das macht extrem viel Spass!

  • Wieso brennst Du für IT?

Logisch und abstrakt zu denken, macht mir einfach Spass. Dinge zu bauen und zu kreieren, finde ich einfach super, und andere zu unterstützen, gehört ebenfalls zu meinen Lieblingsaufgaben: Betriebsinformatik ist also exakt das Richtige. In meiner Freizeit beschäftige ich mich eher weniger mit den Aufgaben aus meinem Berufsalltag, bin mit der Jungwacht viel draussen und spiele Schlagzeug. Dennoch ist IT nicht ganz wegzudenken: Ich programmiere meine eigenen Websites, bilde mich auf der Plattform Youtube weiter und habe sogar bereits meinen eigenen Server aufgebaut.

  • Wie bist Du zur Informatik gekommen?

Mein Götti arbeitet auch bei Roche und ist ebenfalls Informatiker. Ich glaube, in dieser Hinsicht war er auch ein Vorbild. Ich war schon immer an Informatik und Technik interessiert und fand es sehr spannend, als er mir früher einige Theorie-Inputs gab und von seinem Alltag erzählte. Ich war dann im Rahmen des Zukunftstags auch bei ihm zu Besuch.

Im Kanton können wir ab der Sekundarstufe eine spezifische Vertiefung wählen. Bei mir war es dann von Anfang an klar, dass ich die Vertiefung MINT und zusätzlich Informatik als Freifach wählen würde. Die Vertiefung war sehr breit gefächert und nicht nur theorielastig, sondern auch praxisorientiert: Wir haben zum Beispiel ein eigenes Wasserrad und Papierflieger gebaut. Als Einstieg in das Programmieren haben wir viel mit Scratch gearbeitet, in einem anderen Modul aber auch mit Turtle. Im Gegensatz zu Scratch, einem sogenannten Block-Programmier-Tool, ist das Turtle-Modul «echtes» Programmieren mit Python. Ich hatte dieses zwar als Intro, aber es hat mein Interesse geweckt und mich in die Richtung einer Lehre im Informatikbereich gesteuert. Ich bin der Meinung, dass die Lehre als Betriebsinformatiker:in eine Grundausbildung mit vielen Perspektiven und Zukunftsmöglichkeiten ist.

  • Was macht Dir am meisten Spass in Deinem Arbeitsalltag?

Am meisten Spass machen mir das Front-End Development[1] und das Programmieren im Allgemeinen. Neue Oberflächen und Dinge aufzubauen, ist einfach mein Ding. Die Herausforderung: Es ist schwierig, ich muss hartnäckig bleiben und nicht aufgeben. Ein gutes Beispiel dafür ist uns gerade erst passiert: Wir wollten für einen Info-Anlass ein Molekül rendern, welches mit Gesten gesteuert werden kann. Mit einer Geste-Sensoren-API können Handdaten herausgelesen sowie Bewegungs- und Gestendaten gesammelt werden. Wir hatten aber ein Problem mit dem Sensor. Dieser wollte einfach nicht funktionieren. Es brauchte viel Ausdauer, um schliesslich das Problem zu finden und zu lösen. Es war am Ende der Treiber für den Sensor, der zu «neu» war. Wir mussten die ältere Software brauchen. Ein guter Tipp: Halte dir immer vor Augen, was das Resultat werden soll und welche Ziele du hast. Das hilft beim Durchhalten bei schwierigen Aufgaben. Wenn es dann funktioniert, bist du umso glücklicher, dass du nicht aufgegeben hast!

[1] Erstellung der beim Endkunden sichtbaren Benutzeroberfläche, zum Beispiel bei Websites.

  • Welche Aufgaben löst Du jeden Tag? Wie sieht ein Tag in Deinen Schuhen aus?

Wir arbeiten mit dem Scrum Framework[1], das heisst, dass wir jeden Morgen ein Stand-up haben und zuerst den Tag mit dem Team durchgehen. Wir haben eine eigene Entwicklungsabteilung, die Programme und Apps für die Ausbildung schreibt und entwickelt. Ich bin momentan für das Front-End zuständig. Die Lehre ist so aufgebaut, dass du viele Einblicke in verschiedene Abteilungen erhältst. Im ersten Jahr machst du zuerst die sogenannte Basisausbildung. Du bist dann eher viel im Büro und lernst alle Technologien kennen. Zum Beispiel, wie Netzwerke aufgebaut sind, Systemtechnik, Virtualisierung, Server und das Programmieren von Datenbanken. Es folgt dann eine eigene Projektarbeit. Ich habe in diesem Rahmen einen Jupyter Hub aufgesetzt (Server für Notebooks). Dann besteht die Ausbildung aus zwei oder drei Praxisplätzen bis zur IPA. Zum Beispiel bin ich jetzt im Development-Team in Kaiseraugst. In Basel sind unter anderem viele Labore, da gehst du mehr aus dem Büro und bist häufiger bei den internen Kunden und unterstützt sie bei diversen Anliegen. Zudem ist in Basel auch die Forschung zu Hause, wo man als Lernende:r in den verschiedenen Teams mitarbeiten kann.

[1] Agile Methodik im Bereich des Projektmanagements, wird oft im IT-Bereich verwendet.

  • Wie war die Zeit im Homeoffice als Lernender?

Das hat mir überhaupt nicht gefallen, als Ausgebildete:r ist es sicher cool, im Homeoffice arbeiten zu können, aber wir brauchen den Austausch untereinander und zu den Ausbildern, das ist sehr wichtig. Im Homeoffice ist es eher herausfordernd, mit den Ausbilder:innen genügend zu kommunizieren. Es ist viel anstrengender, und es gibt viel mehr Hürden. Wir brauchen als Lernende unbedingt den persönlichen Austausch.

  • Welches ist das grösste Vorurteil, mit dem Informatik zu kämpfen hat?

Das Image hat sich verändert. Früher hatte es eher ein Stigma. Das stimmt alles nicht mehr, es hat sich sehr viel verändert. Natürlich müssen immer noch mehr Frauen mit ins Boot geholt werden. Es muss diverser werden. Jede:r hat ein anderes Wissen und andere Blickwinkel auf Probleme. Es ist wichtig, zusammenzuarbeiten, verschiedene Lösungsansätze zu durchleuchten, so schöpfen wir mehr aus dem vorhandenen Potenzial. In dieser Hinsicht stimmt also auch das «Alleingänger-Klischee» nicht. In grossen Unternehmen musst du ein:e Teamplayer:in sein, sonst geht es nicht!

  • Kann Informatik die Welt verändern?

Die Informatik hat die Welt bereits verändert. Die Frage stellt sich wohl eher: Wie wird die Informatik sich im Lauf der Zeit verändern? Die Digitalisierung hat die Menge an Innovationen drastisch gesteigert: durch neue Kommunikationswege, neue Plattformen und technologischen Fortschritt. Was wird uns nun weiter prägen? Mit AI, Machine Learning und Data Science kann noch so viel gemacht werden. Wie zum Beispiel für Personalised Health Care. Was dann schliesslich den einzelnen Patienten, also den Menschen zugutekommt.

  • Was wolltest Du dem IT-Nachwuchs schon immer sagen?

Früher hatte ich das Gefühl, dass das Programmieren nur etwas für Super-Brains ist. Diese Personen mussten wohl übermenschliche Fähigkeiten haben oder überdurchschnittlich intelligent sein, das ist nicht so. Viele Menschen lassen sich einschüchtern. Macht es einfach, überlegt nicht zu viel. Vor allem sollte man nicht an sich selber und seinen Fähigkeiten zweifeln. Stellt Fragen, wieso etwas ist, wie es ist, und wie es funktioniert. Probiert viel und versucht euch so die Hintergründe und Zusammenhänge zu erschliessen. Kommt in die Informatik! Wir brauchen mehr Informatiker:innen! Die Nachfrage wird immer höher, als Informatiker:in findest du immer einen Job!

  • Was sind Deine Zukunftspläne?

Ich mache nach der Lehre die BMS und möchte dann studieren. Wo das sein wird, weiss ich noch nicht. Entweder an einer Fachhochschule oder an der ETH Zürich. Für Letztere brauche ich natürlich noch die Passerelle. Aber ich sehe das nicht als Hürde. Ich habe zwar noch keine Präferenz betreffend Studienrichtung, denn es gibt sehr viele Optionen, die mich interessieren würden. Vielleicht IT Security oder Application Engineering. Auf jeden Fall gibt es nach der Lehre ein Studium!

Interview und Redaktion: Zoé Jeanneret

 

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