Stephanie Eugster

Wissenschaftliche Mitarbeiterin | Pädagogische Hochschule St. Gallen, Institut Fachdidaktik Naturwissenschaften & Schülerlabor Smartfeld

Interview

„Die Informatik kann allein nicht die Welt verändern. Um etwas zu bewegen, braucht es die kreativen Menschen. Die Informatik ist ein wahnsinnig mächtiges Tool, eine helfende Hand. Sie macht die Welt weder gut noch schlecht. Wie wir Menschen mit der Informatik umgehen und wie wir sie nutzen, das ist für positive oder negative Resultate ausschlaggebend.“

  • Wer bist Du, Stephanie?

Ich bin Stephanie Eugster, ursprünglich gelernte Zeichnerin und studierte Sek I Lehrperson in allen MINT-Fächern inklusive Medien und Informatik. Ich habe nach der Lehre zwei Jahre Mathematik an der ETH Zürich studiert und habe mich schliesslich für ein Studium an der PH St. Gallen entschieden. Ich bin nach dem Studium als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der PH St. Gallen geblieben und arbeite nun am Projekt «Smartfeld» mit. Diese interdisziplinäre Initiative wurde von Startfeld in die Wege geleitet und ist eine Kooperation mit vielen Bildungsinstitutionen im Kanton St. Gallen und der EMPA. Unsere Vision ist es, die Kreativität und die Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen im MINT-Bereich zu fördern und sie für das digitale Zeitalter fit zu machen.

  • Wie bist Du zur Informatik gekommen, und wieso brennst Du für IT?

Als Jugendliche war ich sehr technikbegeistert, ich habe den Start der Digitalisierung hautnah miterlebt, die schweren PC-Türme und klobigen Handys haben mich fasziniert. Ich war aber mehr eine Power-Userin und noch keine Mitgestalterin, denn in der Schule hatten wir zu dieser Zeit noch keine Berührungspunkte mit der Informatik oder dem Programmieren. Erst an der ETH Zürich, als ich mich für ein Studium in Mathematik entschied, konnte ich mich an die Programmiersprache C++ herantasten. Diese hat mir am Anfang überhaupt keinen Spass gemacht, ich war schnell frustriert, habe aber nie aufgegeben. Dann hat es „Klick“ gemacht, und ich sah, welche neuen Möglichkeiten das Programmieren bietet! Es können so viele Problemstellungen gelöst werden, die von Hand oder mit dem Taschenrechner gar nicht möglich sind. Das war eine unglaubliche Erkenntnis. Dieses Aha-Erlebnis wollte ich mit anderen Menschen teilen, vor allem mit Kindern und Jugendlichen Deshalb habe ich mich entschieden, von der ETH Zürich an die PH St. Gallen zu wechseln und eine Lehrperson zu werden. Ich wollte anderen etwas beibringen, sie unterstützen und sie ebenfalls bei ihren Erkenntnissen begleiten. Zusätzlich ist der Beruf so vielfältig, dass es nie langweilig wird. Fünf Fächer zu unterrichten ist einfach super!

  • Welche Aufgaben löst Du jeden Tag? Wie sieht ein Tag in Deinen Schuhen aus?

Kein Tag ist gleich, ich mache oft die Koordination von unserem Kursangebot und bin im stetigen Austausch mit Lehrpersonen und Kursleiter:innen. Ich leite auch Kurse für Studierende oder Lehrpersonen und entwickle neue Angebote. Bei dieser Aufgabe ist viel Kreativität gefragt, ich muss viel ausprobieren: Einen Tag bin ich am Computer und schreibe Programme, am anderen Tag löte ich Elektroteile. Grundsätzlich bin ich aber sehr viel im Austausch mit anderen Personen. Ich bin die Schnittstelle für alle Lehrpersonen, Kursleiter:innen, Jugendlichen usw. In Gesprächen wird viel voneinander gelernt. Es braucht zwar viel Struktur und Organisation, aber eben auch Kreativität. Ein gutes Stichwort in der Informatik und etwas extrem Wichtiges: Informatik schreit nach kreativen Lösungen!

  • Ein Blick zurück: Welche Tipps würdest Du Deinem 14-jährigen Ich bezüglich Berufswahl geben?

Ich habe mich als Jugendliche sehr schnell auf den Beruf Zeichnerin fixiert und bin erst auf Umwegen zu meiner jetzigen Tätigkeit gekommen. Informiert euch mehr, legt euch nicht sofort fest! Ich bin aber trotzdem überzeugt, dass dieser Weg mir so viel gebracht hat. Ich habe sehr viel mitgenommen, so viel gelernt und gesehen. Ich wäre ohne diesen Lebenslauf nicht hier angekommen, denn mein Job wird nicht gelernt, für ihn gibt es keine spezifische Ausbildung. Eine Entscheidung ist nie definitiv. Es ist wichtig, sich weiterzuentwickeln, denn wir müssen nicht den Rest des Lebens im gleichen Job verbringen. Falls du nicht mehr glücklich bist, dann mach etwas Anderes.

  • Welches ist das grösste Vorurteil, mit dem Informatik zu kämpfen hat?

Dass Informatik nur etwas für Hochbegabte und Einzelkämpfer:innen ist. Es ist schon lange nicht mehr so und die Arbeit in dieser Branche klappt schon gar nicht mehr allein. Es braucht die Teamarbeit, viele Köpfe bedeuten mehr Kreativität und einen grösseren Pool an Ideen, von denen alle profitieren können. Meine Hauptaufgabe ist es, Kinder und Jugendliche zu motivieren und ihnen zu zeigen, dass die Informatikwelt nicht nur für einen kleinen Teil von überdurchschnittlich intelligenten Menschen zugänglich ist, sondern ein Bereich ist, in dem jedes Kind und jede:r Jugendliche Dinge ausprobieren kann. Wenn man so an die Sache herangeht, sind Erfolgserlebnisse eigentlich garantiert!

  • Kann Informatik die Welt verändern?

Die Informatik kann allein nicht die Welt verändern. Um etwas zu bewegen, braucht es die kreativen Menschen. Die Informatik ist ein wahnsinnig mächtiges Tool, eine helfende Hand. Sie macht die Welt weder gut noch schlecht. Wie wir Menschen mit der Informatik umgehen und wie wir sie nutzen, das ist für positive oder negative Resultate ausschlaggebend. Wie es mit vielen Dingen so ist, gute Beispiele können der Weltgeschichte entnommen werden, zum Beispiel die Atomenergie.

  • Was wolltest Du dem IT-Nachwuchs schon immer sagen?

Bleibt dran, seid hartnäckig. Es kann frustrierend sein, aber zieht es durch und holt euch Hilfe, ihr seid nicht allein. Die Freude ist umso grösser, wenn es geschafft ist. Das zählt nicht nur für die IT: Bleibt neugierig und verliert das Interesse an der Natur und Umwelt nicht!

Interview und Redaktion: Zoé Jeanneret

 

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